Sonntag, 9. Dezember 2007

2000+ km Jakobsweg. Zu Fuß durch Frankreich, Spanien, Deutschland, Schweiz (2007, 2020 + 21)

Teil 1:
Hier nun ein kurzer Bericht meiner Reise von Mai - August 2007 (zum Glück kurz bevor der Weg von Deutschen überschwemmt wurde - wegen eines gewissen H. Kerkeling)!


Per Fernbus und Bummelzug nach Le Puy en Velay, Frankreich. Von dort geht es auf der "Via Podiensis" (GR 65) durch Frankreich, anschließend  auf dem "Camino Frances" durch Spanien, immer nach Westen meinem Ziel entgegen - dem Atlantik am Kap Finisterre.


Le Puy en Velay zeigt sich als Städtchen, das durchaus einen Besuch wert ist. Blick von der hoch auf einem Fels errichteten Kapelle St. Aguilhes in Richtung Kathedrale, ein wichtiger Pilgerort.
Am ersten Abend auf dem Campingplatz gleich eine Einladung zum Essen bei einem netten Womo-Paar aus Mainz. Was für ein netter Anfang!
 


Endlich unterwegs! Irgendwie kann ich es gar nicht glauben!
Weite Landschaften in Aubrac und Margeride ziehen an mir vorüber. Wunderbar frühlingshaftes Wetter, nur Nachts gibt es anfangs noch Frost.


Mein Zuhause für die nächsten Monate und Hilfsmittel für die Freiheit, die ich mir auf dieser Reise wünsche: Mein selbstgenähtes Tarpzelt am Pass kurz vor Aubrac.


Nasse Mitpilger kurz vor Espalion. Nette Tagesbekanntschaften, aber leider verabschieden sie sich abends immer in eine der Gite d'Etape (französische Wanderherberge).


Die Via Podiensis führt durch viele malerische Städte, die während des mittelalterlichen Pilgerbooms zu Wohlstand gelangten. Estaing, Cahors, Conques bleiben mir besonders in Erinnerung.
 

Der Fluss am Rande von Cahors wird auf einer der besterhaltenen, mittelalterlichen Wehrbrücken überquert.


Viel frühlingshaftes Grün. Die Zeit fliegt vorbei, besonders wenn ich zeitweise mit Gleichgesinnten unterwegs bin! 


Ab und zu komme ich bei netten Landwirten in der Scheune unter. Vor allem bei Dauerregen eine sehr willkommene Abwechslung.


Unglaublich spontane Gastfreundschaft bei einer Landwirtin wie ich sie nie erwartet hätte. Nichtmal beim Ausmisten durften wir zum Ausgleich helfen. Danke, Annemarie!


Viel Regen in Westfrankreich! Die Schlammschlacht geht tagelang.


Die Pyrenäen in Sicht! Ich kann es kaum fassen, aber für mich bedeutet das ungefähr schon die Hälfte der Gesamtstrecke.


Pilgerbüro in St. Jean Pied de Port, dem ziemlich überlaufenen Hauptstartpunkt des Camino Frances. Für viele Pilgeranwärter beginnt die Reise erstmal mit Schlaaaangestehen...


Nach ca. einem Monat die für mich erste Herbergsübernachtung im Refuge von St. Jean Pied de Port. Ein richtiges Bett, was für ein Gefühl!
Bisher hatte ich fast nur Franzosen getroffen, ab hier werden die Bekanntschaften internationaler.


Wolken, Wolken, Wolken auf dem Weg über die Pyrenäen. Leider kaum (Aus)sicht auf der Passroute hinüber nach Roncesvalles in Spanien.


Eigentlich war noch ein Stück auf dem GR 11 geplant, aber bei anhaltend schlechtem Wetter bin ich schon nach kurzer Strecke umgekehrt.


Pamplona: Der ganze Trubel in der ersten größeren Stadt seit Langem bringt mich ganz schön durcheinander. Die Sprache verstehe ich kaum, plötzlich so viele Pilger unterwegs, Schlafsäle, Gemeinschaftsbäder und ungewohnte Einschränkungen durch einige Regel in städtischen Herbergen. Immerhin angenehmes Wetter, auf einen Schlag heiß und trocken!


La Rioja: Wein und kleine Dörfer unter spanischer Sonne. Was für ein Kontrast nach wochenlangem Regenwetter in Frankreich.


Wasser und Wein, schenk' dir ein! Die berühmte Bodega mit in die Wand eingelassenen Zapfhähnen für Wasser und Wein beim Kloster von Irache.


Kurz vor Santo Domingo de la Calzada ein Vorgeschmack auf die trocken - heiße Mesetaebene zwischen Burgos und Leon.


Die Kathedrale von Burgos: Für mich die schönste auf der ganzen Strecke. Außerdem wegen der jährlichen Fiesta unglaublich viel los in der ganzen Stadt mit Musik, traditionellen Paraden etc. Ich bin zu Gast in der Wohngemeinschaft einer deutschen Studentin, was die Tage in Burgos zu einer ganz besonders schönen Erinnerung werden lässt!


Ein Dorf in den heißen, windigen Weiten der Meseta. Tagsüber teils 30 Grad und gnadenlose Sonne, Nachts mit bis zu 3 Grad aber empfindlich kühl im Freien.


Für manche Pilger ein Fall für den Überlandbus, für mich ein beeindruckendes Gefühl von Weite auf der Mesetaebene - und viel meditatives Geradeauswandern....


Spätestens westlich von Leon mit seiner berühmten Kathedrale wird der Wanderer wieder durch bergiges Gelände aus seiner Meditation erweckt.


Die Montes de Leon schon in Sicht (das dort aufgestellte "Cruz de Ferro" ist für manche Pilger ein spiritueller Höhepunkt der Reise) . Ohne meinen (Sonnen)Schirm, ist die Hitze und Sonne fast unerträglich.


Bei Tomas aus Brasilien, der im verfallenen Dorf Manjarin (Montes de Leon) lebt, sind alle Vorbeikommenden zum Essen in internationaler Runde eingeladen. Anschließend führt Tomas eine mittelalterliche Zeremonie durch, und wer über Nacht in der mehr oder weniger improvisierten Herberge bleiben will, darf anstatt dem Komfort von Wasserhahn oder Toilette einen spannenden Abend in bunt zusammengewürfelter Gesellschaft erwarten. Neben Leuten aus Schweden, USA, Italien, Polen, Spanien, Tschechien, Russland bin ich der einzige Deutschsprachige.


Von Ponferrada aus mache ich einen Abstecher zu ehemals römischen Goldminen. Die bizarren Erosionshügel und Höhlen der Las Medulas sind einen Umweg wert.


Die letzte Provinz vor dem Meer heißt Galizien. Grenzstein kurz vor dem Übergangspass auf O' Cebreiro.


Galicische, grüne Hügel beim Frühstück. Der Westwindeinfluss vom Atlantik her sorgt für eines der regenreichsten Gebiete Spaniens.


Das Massenpilgern ist in vollem Gang. Um die im katholischen Spanien angesehene Compostela - Urkunde in Santiago de C. zu bekommen, muss man nur die letzten 100 km durch Herbergsstempel im Pilgerausweis nachweisen. Als ich nach ca. 1600 km zu Fuß im Pilgerbüro von Santiago nach der Urkunde frage, wird sie mir wegen fehlender Stempel zunächst verweigert...


Für den Durchschnittspilger das allabendliche Chaos im überfüllten Schlafsaal - für mich luxuriöse Abwechslung vom Campingleben.


Manche Tradition wird erstaunlicherweise heute noch erhalten: Unentgeltliche Pilgerspeisung im noblen Parador Hotel, einem von Santiagos besten Hotels!


Sehnsuchts- und Zielpunkt für viele Pilger aus aller Welt. Santiagos Kathedrale. Für mich eher eine Zwischenstation auf dem letzten Stück Weg.


Ein Wunsch geht in Erfüllung: Der Atlantik am Kap Finisterre ist erreicht.


Die Strecke von Finisterre nach Muxia war das schönste Ende der Welt und ein würdiger Endpunkt.


Santuario seniora de la barca bei Muxia. Ende der Ruta Jakobea.


Ein Linienbus bring mich in gut einem Tag Fahrt über A Coruna, Bilbao, Santander, Genf, Lausanne, Bern in die Schweiz nach Basel.


Bummel durch die Altstadt von Basel und ein Besuch in der Stadtbibliothek, um Infomaterial für den weiteren Weg zu kopieren.


Nach Norden in Richtung Heimat auf dem Schwarzwald - Wanderklassiker Westweg.


Forstwege durch nebelig dunkle Fichtenwälder - irgendwie wieder so vertraut.
Nach über drei Monaten Wanderung betrete ich zu Fuß meine Heimatstadt.
 
Teil 2:
2020 + 21 vervollständige ich meinen persönlichen Jakobsweg von meiner Heimat bis nach Santiago d. C. mit der Verbindung von Basel bis Le Puy en Velay. Ab Basel gehe ich teilweise auf dem schweizer- und französischen Jura-Höhenweg, bis ich bei Seyssel auf den traditionellen Camino / GR 65 der Via Gebennensis treffe.
 

Direkt am Haupteingang Badischer Bahnhof in Basel, wo der Westweg (Schwarzwaldverein) endet, startet meine eigene Route nach Süden in Richtung Welschenohr zum Schweizer Jurahöhenweg. Kurz und knackig, teils weglos.
 

Die Gratwanderung auf dem Höhenweg gefällt mir sofort, tolle Aussichten nach Westen entlang der Jurakette und nach Süden in die Schweizer Alpen.


Unpassierbar für Rinder oder Pferde - und auch für so manchen nicht ganz schlanken Wanderer.
 
 

 Jurahöhenweg und Europäischer Fernwanderweg 4 verlaufen lange identisch.


Ohne Grenzkontrolle spaziere ich nach Frankreich  hinüber, nicht mehr ganz selbstverständlich bei derzeitigen Covid-19 Regeln (was mir später eine PCR- Testpflicht wegen Hochrisikogebiet einbrockt...).
 
 



Ich bin ziemlich begeistert vom Jurahöhenweg. Spektakulär und recht wenig begangen, vor allem der französische Teil.

Via Bellegarde sur Valserhone gelange ich ins Rhonetal, wo ich bei Pont du Fier endlich auf die markierte Jakobsweg-Route treffe.
 

Sofort fühle ich mich heimisch, ich treffe die ersten Pilger, Erinnerungen an 2007 werden wach.
 

Die Route führt wie gewohnt durch französische Provinz, etwas zu viel Asphaltanteil für meinen Geschmack.
 


Erst nach der zweiten Überquerung der Rhone bei St. Alban, wird es wieder etwas hügeliger.
Dann, nach gut 300 km seit Basel, kommt auf einem kleinen Pass die rote Marienstatue von Le Puy in Sicht - ein Bisschen wie bei Ankunft auf Monte do Gozo vor Santiago d. C.
Irgendwo auf dem Weg hoch zur Kathedrale in Le Puy kreuze ich meine Spur von 2007 - der Weg ist vollendet.
 

Planungsinfos:

An-/Abreise: 
Leicht mit öffentlichem Transport organisierbar. Z. B. Le Puy en Velay mit Bahnanschluss. Lyon wird von Bahn und Fernbussen angefahren. Santiago mit Internationalem Flughafen, Bahn- und Fernbusanschluss (alternativ auch via Porto mit günstigen Flügen und Busverbindung).

Karten/Führer: 
Topokarten sind zur Wegfindung nicht notwendig, grobe Streifenkarten jedoch praktisch. Für GR 65 z. B. französicher Topoguide, Miam Miam DoDo Chemin de Compostelle, oder GR 65  Outdoorverlag. Für Camino Frances z. B. vom Rother Verlag (mit praktischen Streifenkarten).

Markierung/Weg: 
GR 65 im GR System mit rot-weißen Balken fast überall gut markiert, auch schon Jakobsmuschelsymbole. Camino frances mit gelben Farbpfeilen und Jakobsmuschel nur in Richtung Santiago gut markiert. Abschnitt Genf bis Le Puy leider viel zu viel Asphaltanteil. Ab da etwas angenehmer. In Spanien wieder mehr.

Übernachtung: 
Zelt/Biwak. Unbedingt Leave No Trace! In Frankreich Wanderherbergen (Gite d'Etape) und einige Campingplätze. In Spanien private und staedtische Pilgerherbergen (Albergue municipal).

Proviant/Wasser: 
Fast täglich Einkaufsmöglichkeiten in kleineren Orten. Wasser von zahlreichen Wasserhähnen auf der Strecke.

Geld: 
Nur in größeren Städten Geldautomaten. Nur Bargeld in den kleinen Herbergen.

Mobilfunk/Internet:
 Außer auf der Pyrenäenetappe überall gute Netzabdeckung. In Touristenbüros, Bibliotheken und Herbergen oft kostenloser Internetcomputer und oder Wifi.

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