Gut 1000 Meilen (1600 km) zu Fuß auf dem AT liegen hinter mir. Vorübergehend werde ich ab jetzt zum "Normaltourist", denn von hier aus soll es auf Städtetour erst nach Washington DC und dann nach New York City zu einer Freundin gehen.
Zeit für ne Pause bei über 35 °C in der schwülen Hitze am Shennandoah River in Harpers Ferry (West Virginia). Selbst im badwarmen Flusswasser findet man kaum Abkühlung.
Vor dem "Weissen Haus" in Washington. Misstrauisch mustern mich die Sicherheitsbeamten (Bart + Rucksack = Terrorist), aber Mr. President Obama braucht wirklich keine Angst vor mir zu haben...
Als ich abends im NY-Pennsylvania Station aus dem angenehm ruhigen Zug aussteige, überkommt mich ein gewisser Schock. Dieses hektische Durcheinander tausender Menschen in der stickig heißen Unterwelt von New York City ist ein Gegensatz zum monatelangen Campingleben im Wald wie er größer kaum sein kann. Ich bin unendlich froh, dass Emily mich abholt und begleitet. Alleine hätte ich den Ausflug in diese Megastadt bestimmt nicht gewagt, ganz zu schweigen von der Unterkunft in einem Apartment nur paar Hundert Meter vom Ground Zero. Danke für alles Emily!
"Ground Zero", wo vor dem 11.09. 2001 der Doppelturm des World Trade Centre stand, ist eine riesige Baustelle mit zwei riesigen Löchern im Boden und einem etwa halbfertigen Wolkenkratzer daneben. Bald wird es hier eine Gedenkstätte und den neuen "One World Trade Centre" (1776 ft. / 541 m) mit geschichtsträchtig gewählter Höhe geben.
Zwar nur von Ferne, aber was wäre ein Besuch in NYC, ohne die berühmte Freiheitsstatue gesehen zu haben.
Oder auf dem Times Square zu bummeln: Mehr Leuchtreklamen kann man wohl kaum auf einem Fleck unterbringen. Überall blinkt und leuchtet es.
Nach der aufregenden und beeindruckenden Zeit in NY City, gehe ich wieder ein Wenig Wandern auf dem AT im Bundesstaat NY. Keine Frage - große Städte haben schon ihren Reiz, aber irgendwie bin ich doch erleichtert als ich wieder draussen im ruhigen Grün unterwegs bin.
Tagelanges Laufen im Regen gehört zum Langstreckenwandern auch dazu. Dank meines Lieblingsschirmes empfinde ich solche Tage allerdings kaum als unangenehm, sondern eher als besonders intensives Wettererlebnis.
Nur die Füße sehen irgendwann so aus, wie wenn man zu lange in der Badewanne gelegen wäre...
Spätestens in der nächsten gemütlichen Hütte (Upper Goosepond Cabin) hat auch das nasseste Regenwetter ein Ende und wenn dann noch ein Kanu zur freien Verfügung steht...
... was gibt's dann Schöneres als bei Abendsonne, blauem Himmel und spiegelglattem Wasser über einen See zu paddeln! (Upper Goosepond)
Höchster Punkt in Massachusetts: Mt. Greylock. In gewisser Hinsicht der krönende Abschluss meiner Wanderzeit nordwärts auf dem AT. Von hier sind es nur noch wenige Meilen auf dem AT bis zur Grenze nach Vermont, die man auf einer kleinen Rundtour inklusive Rückweg auf dem Pine Cobble Trail erreichen kann.
Von der nächsten Stadt Williamstown reise ich über Boston und Bangor zum Acadia National Park an der Atlantikküste von Maine.
Gerade noch rechtzeitig bevor Hurricane "Irene" mit starkem Wind und Regen den größten Teil des Verkehrs an der Ostküste zusammenbrechen lässt. Das Baro spricht ne deutliche Sprache! Genauso steil wie das Baro abstürzt, steigt es am nächsten Tag auch wieder an.
Fast das gesamte Softball - Feld außerhalb von Bangor steht unter
Wasser. Mein Zufluchtsort, ein "Dugout" (überdachter Spielerunterstand
), ist aber zum Glück dicht und etwas erhöht!
Am nächsten Morgen nach "Irene" wieder heile Welt im Acadia National Park auf Mnt. Desert Island.
Nach über 5 Monaten mehr oder weniger im Wald will ich unbedingt noch ans Meer. Irgendwo da draussen im Osten hinterm Horizont liegt Deutschland.
Während man auf dem "Oceanwalk" an dieser traumhaften Felsküste entlangwandert,
...kann man kaum glauben, dass fast die gesamte Insel mal einem einzigen Mann - John D. Rockefeller - gehört hat.
Die Insel hat nicht nur Felsküste, sondern auch Granitberge zu bieten. Aufstieg über den Südgrat zum Cadillac Mountain, ...
...dem höchsten Berg der Insel. Grandioser Aussichtspunkt!
Manche Auf- bzw. Abstiegsroute auf der Insel ist quasi senkrecht und macht riesen Spass, wie z. B.
"The Precipice", ...
"The Precipice", ...
... ein kurzer Klettersteig über ein Cliff hinauf / hinunter.
Bar Harbor, der Hauptort der Insel, von "Bar Island" aus gesehen. Auf die kleine vorgelagerte Insel kann man nur bei Ebbe trockenen Fußes hinübergelangen. Im Hintergrund v. l.: Champlain Mtn., Dorr Mtn., Cadillac Mtn.
Am liebsten würde ich ja mit dieser schönen Viermastbark nach Europa zurücksegeln (oder noch besser woanders hin...). Schade, dass mein Flug nach Deutschland schon gebucht ist.
Sechs Monate voller unglaublicher Erlebnisse und Erfahrungen. Auch wenn diese Reise nicht ganz so verlaufen ist, wie ich mir das gewünscht hätte - diese Zeit war alle Anstrengungen und Kompromisse wert! Ich danke all den Menschen, die durch ihre Hilfe zu meiner Reise beigetragen haben.
Planungstipps:
Anreise/Abreise:
z.B. Gabelflug: Frankfurt-Atlanta, Bangor-Frankfurt. Von/Zum Startpunkt bzw. Endpunkt des AT kommt man nur per Shuttleservice, Trampen etc.
Startpunkte: Harpers Ferry nahe Washington DC mit Bahnhof (www.amtrak.com), Port Clinton nahe Hamburg PA - Busverbindung über
Reading nach Philadelphia (s. Greyhound.com). Pawling NY via Metro North
Railroad (Harlem Line).
Infos zu Visabestimmungen: Für
Aufenthalte über 3 Monate muss man ein Visum ( z.B. B1, B2)
beantragen und persönlich zum Interview in der amerikanischen Botschaft
vorsprechen http://www.ustraveldocs.com/de/index.html?firstTime=No
Karten/Führer:
Topokarten für die Orientierung auf dem AT sind nicht nötig. Guidebooks/Apps mit fortlaufender Kilometrierung (cumulative mileage). Am
besten
finde ich die FarOut App, "AWOL" A. T. Guide, oder auch Databook von der Appalachian
Trail Conference (ATC).
Markierung:
Hervorragend markiert durch weiße Farbsstreifen (Whiteblazes). Oft Schilder mit Meilenangaben und Shelterabzweigungen.
Übernachtung:
Zelt/Biwak fast überall erlaubt. Unbedingt Leave No Trace! Alle ca. 10 - 30 km
kostenlose selbstversorger Schutzhütten (Shelter) mit Quelle,
Kompostklo, Tisch/Bank. Einige Hostels (ab ca. 20 $) in
Trailnähe.
Proviant/Wasser:
Zum Einkaufen muss man meist von der nächsten Straßenquerung in eine nahegelegene Stadt gelangen (Trampen). Selten mehr als ca. 70 km Abstände. Wasserversorgung hauptsächlich über Quellen/Bäche (Entkeimung!).
Geld:
Geldautomaten (ATM) oft sogar in kleinen Läden. Bezahlung mit allen Arten von Kreditkarten selbst in kleinen Läden üblich (meine Prepaid Visacard hat immer funktioniert).
Mobilfunk/Internet:
Oft kein Mobilfunknetz im Wald. Manchmal auf Bergen und bei Städten Empfang, oft Verizon. Oft kostenloses WIFI/W-LAN in Städten, Hotels, Shops. Internetzugang in jeder öffentlichen Stadtbibliothek.
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